Modern Monetary Theory
Modern Monetary Theory (MMT)
Die Modern Monetary Theory (MMT) ist eine makroökonomische Theorie, die sich mit der Funktionsweise moderner Währungssysteme auseinandersetzt. Ihr zentrales Anliegen ist es, die Rolle des Staates als Währungsemittent neu zu bewerten und Staatsausgaben anders zu betrachten, als dies in der traditionellen Volkswirtschaftslehre der Fall ist. Die MMT bietet eine alternative Sicht auf Staatsverschuldung, Haushaltsdefizite und deren Auswirkungen auf die Wirtschaft.
Grundlagen der MMT
Die MMT basiert auf der Annahme, dass ein Staat, der seine eigene Währung herausgibt, wie die USA, Japan oder Großbritannien, nicht zahlungsunfähig werden kann. Solche Staaten können theoretisch unbegrenzt Geld schöpfen, um staatliche Ausgaben zu finanzieren. Wichtige Aspekte der MMT sind:
- Staatsausgaben und Geldschöpfung: Ein souveräner Staat kann seine Ausgaben durch die Ausgabe von Währung finanzieren, ohne auf Steuereinnahmen oder Kreditaufnahme angewiesen zu sein.
- Staatsdefizite sind nicht per se schlecht: Ein Haushaltsdefizit kann laut MMT zur Ankurbelung der Wirtschaft beitragen, insbesondere in Zeiten von Arbeitslosigkeit oder Wirtschaftskrisen. Entscheidend ist, dass das Defizit nicht zu inflationären Spannungen führt.
- Steuern sind notwendig zur Nachfragekontrolle: Steuern sind nicht erforderlich, um Staatsausgaben zu finanzieren, sondern dienen hauptsächlich dazu, die Inflation zu kontrollieren und die Nachfrage zu regulieren.
- Inflation als zentrale Grenze: Der Staat sollte Geld schöpfen und ausgeben, solange es zu keiner übermäßigen Inflation kommt. Inflation gilt als die Hauptgrenze für staatliche Ausgaben.
Staatsverschuldung und Haushaltsdefizite
Traditionelle Ökonomen betrachten hohe Staatsdefizite oft kritisch, da sie langfristig zu steigenden Zinsen und einer Belastung zukünftiger Generationen führen könnten. Die MMT sieht dies anders. Solange ein Staat seine eigene Währung kontrolliert, kann er seine Schulden immer begleichen, indem er neues Geld schafft. Für MMT-Befürworter sind Staatsdefizite vor allem dann problematisch, wenn sie zu hoher Inflation führen, nicht jedoch, weil sie Schulden verursachen.
Laut MMT führt ein Defizit in der Staatsbilanz immer zu einem Überschuss in der privaten Wirtschaft. Das bedeutet, dass mehr Geld in die Wirtschaft fließt, was Arbeitsplätze schafft und das Wachstum ankurbelt. Dieses Verständnis unterscheidet sich stark von der gängigen Sichtweise, dass der Staat seine Finanzen ähnlich wie ein Haushalt verwalten muss.
Die Rolle von Steuern in der MMT
Die MMT hat eine besondere Sichtweise auf die Rolle der Steuern. Traditionell dienen Steuern der Finanzierung staatlicher Ausgaben. Die MMT hingegen argumentiert, dass der Staat keine Steuereinnahmen benötigt, um Ausgaben zu tätigen, da er jederzeit neues Geld schöpfen kann. Stattdessen dienen Steuern vor allem dazu, die Gesamtnachfrage zu regulieren und inflationäre Tendenzen zu bremsen.
Durch das Einziehen von Steuern wird überschüssiges Geld aus dem Wirtschaftskreislauf genommen, was zur Stabilisierung der Wirtschaft beiträgt. Steuern sind daher nach MMT nicht als Finanzierungsinstrument, sondern als wirtschaftliches Steuerungsinstrument zu verstehen.
Inflation und MMT
Kritiker der MMT führen oft die Gefahr der Inflation als zentrales Argument gegen diese Theorie an. Die Sorge besteht darin, dass eine unkontrollierte Geldschöpfung durch den Staat zu einer Hyperinflation führen könnte, wie es etwa in der Weimarer Republik oder in Simbabwe der Fall war. Die MMT erkennt die Gefahr der Inflation an, betont jedoch, dass Inflation nur dann auftritt, wenn die Gesamtnachfrage das Produktionspotenzial der Wirtschaft übersteigt.
Laut MMT sollte der Staat seine Ausgaben reduzieren oder Steuern erhöhen, sobald die Wirtschaft an ihre Kapazitätsgrenzen stößt, um Inflation zu verhindern. Solange jedoch ungenutzte Produktionskapazitäten bestehen und Arbeitslosigkeit vorherrscht, sieht die MMT in staatlichen Ausgaben kein Inflationsrisiko.
Kritik an der MMT
Die MMT steht im Mittelpunkt intensiver Diskussionen. Zu den häufigsten Kritikpunkten gehören:
- Inflationsrisiko: Viele Ökonomen befürchten, dass die MMT zu einer unkontrollierten Inflation führen könnte, wenn der Staat zu viel Geld ausgibt.
- Vertrauen in die Währung: Kritiker argumentieren, dass die MMT davon ausgeht, dass immer genügend Vertrauen in die staatliche Währung besteht. Dies könnte jedoch erodieren, wenn der Staat übermäßig Geld druckt, was zu einer Abwertung der Währung führen könnte.
- Vernachlässigung globaler Faktoren: In einer globalisierten Wirtschaft könnte eine expansive Geldpolitik eines Landes zu Problemen im Außenhandel führen, insbesondere in Form von Währungsabwertungen und steigenden Importpreisen.
Befürworter der MMT
Befürworter der MMT sehen in der Theorie eine realistische Erklärung dafür, wie moderne Währungssysteme funktionieren. Insbesondere progressive Ökonomen und Politiker befürworten die MMT, da sie Möglichkeiten aufzeigt, wie der Staat durch höhere Ausgaben Arbeitslosigkeit bekämpfen und öffentliche Güter bereitstellen kann.
Ein Beispiel für die praktische Anwendung der MMT ist die Diskussion um den Green New Deal in den USA. Befürworter argumentieren, dass große staatliche Investitionen in den Klimaschutz ohne Steuererhöhungen finanziert werden können, solange keine inflationären Effekte auftreten.
Wissenswertes über die MMT
- Die Modern Monetary Theory wurde von Ökonomen wie Warren Mosler und Stephanie Kelton popularisiert, die argumentieren, dass moderne Währungssysteme auf der Geldschöpfung durch den Staat basieren.
- Stephanie Keltons Buch „'The Deficit Myth‘“ hat die MMT einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht und deren Ideen im politischen Diskurs verankert.
- Die MMT gewinnt in wirtschaftlichen Krisenzeiten an Bedeutung, da sie eine Erklärung dafür bietet, wie der Staat durch Defizite Wirtschaftskrisen abfedern kann.
Wissen - kurz & kompakt
- Die Modern Monetary Theory (MMT) argumentiert, dass ein Staat, der seine eigene Währung emittiert, nicht bankrottgehen kann, solange er in dieser Währung verschuldet ist.
- Defizite sind laut MMT nicht zwangsläufig schlecht, da sie zur wirtschaftlichen Stabilisierung und Förderung der Vollbeschäftigung beitragen können.
- Steuern dienen der MMT zufolge vor allem der Kontrolle von Inflation und der Regulierung der Nachfrage, nicht der Finanzierung von Staatsausgaben.
- Inflation wird als die Hauptgrenze staatlicher Geldschöpfung angesehen, die durch kluge Steuerpolitik kontrolliert werden muss.
Glossar
- Inflation: Ein anhaltender Anstieg des allgemeinen Preisniveaus, der die Kaufkraft des Geldes verringert.
- Fiskalpolitik: Maßnahmen des Staates, um durch Ausgaben und Einnahmen (insbesondere Steuern) die Konjunktur zu beeinflussen.
- Staatsdefizit: Die Differenz zwischen den Einnahmen und Ausgaben eines Staates, bei der der Staat mehr Geld ausgibt, als er einnimmt.
- Währungsemittent: Ein Staat oder eine Institution, die die Befugnis hat, eine eigene Währung herauszugeben und zu kontrollieren.
- Vollbeschäftigung: Ein wirtschaftlicher Zustand, in dem nahezu alle Arbeitswilligen eine Beschäftigung finden.
- Modern Monetary Theory (MMT): Eine wirtschaftliche Theorie, die besagt, dass ein Staat mit einer eigenen Währung nicht bankrottgehen kann, solange er in seiner eigenen Währung verschuldet ist.
- Stephanie Kelton: Eine der führenden Ökonominnen der Modern Monetary Theory, bekannt für ihr Buch „The Deficit Myth“.
- Warren Mosler: Ein Mitbegründer der MMT und einer der einflussreichsten Denker dieser Theorie.
- Green New Deal: Ein wirtschaftspolitisches Konzept, das große staatliche Investitionen in grüne Technologien fordert, oft in Verbindung mit den Ideen der MMT diskutiert.
Denkanstöße und weiterführende Fragen
- Wie könnte die MMT in einem Land mit hoher Inflation wie Venezuela umgesetzt werden?
- Welche langfristigen wirtschaftlichen Auswirkungen könnte die breite Anwendung der MMT auf das Vertrauen in staatliche Währungen haben?
- Wie könnte die MMT dabei helfen, die Klimakrise durch große staatliche Investitionen in grüne Technologien zu bekämpfen?