Dormant Supply
Dormant Supply: Das stille Bitcoin-Vermögen, das den Markt bewegt
Stell dir vor, du hast einen Goldschatz im Keller – riesig, glänzend, sicher verwahrt. Doch du rührst ihn jahrzehntelang nicht an. Niemand weiß, ob du ihn verloren hast, ob du ihn absichtlich bewahrst oder ob du ihn schlicht vergessen hast. Genau so verhält es sich mit dem Phänomen der Dormant Supply im Bitcoin-Netzwerk.
Was passiert mit den Bitcoin, die nie bewegt werden? Warum sind sie für Investoren, Analysten und Ökonomen so interessant? Und wie beeinflusst diese stille Reserve das tatsächliche Angebot an verfügbarem Bitcoin?
Was bedeutet Dormant Supply?
Der Begriff Dormant Supply bezeichnet Bitcoin, die über einen längeren Zeitraum hinweg keine Bewegung auf der Blockchain zeigen. Das bedeutet: Sie wurden weder verschickt noch verkauft – und gelten damit als „schlafende“ Coins.
Dabei handelt es sich technisch gesehen um sogenannte UTXOs (Unspent Transaction Outputs), die über Wochen, Monate oder sogar Jahre hinweg unangetastet bleiben. In der Praxis kann das bedeuten:
- Die Coins werden aktiv gehodlt.
- Der Zugriff ist möglicherweise verloren.
- Die Wallet gehört einem Langzeitinvestor oder einer Institution.
Metapher: Stell dir vor, jemand hat ein Bankschließfach voller Diamanten. Es steht da, verschlossen, Jahre lang. Niemand weiß, ob der Besitzer es absichtlich nicht öffnet – oder den Schlüssel verloren hat.
Klassifikation nach Dormanzdauer
Analysten teilen die Dormant Supply meist in sogenannte „Age Bands“ – also Altersgruppen – ein. Je älter ein UTXO, desto stärker wird seine Dormanz gewertet.
Typische Klassifizierungen sind:
- 1 Woche bis 1 Monat: kurzfristig ruhend
- 1 Monat bis 6 Monate: mittelfristige Inaktivität
- 6 Monate bis 1 Jahr: strategisches HODLing
- 1 bis 5 Jahre: langfristige Zurückhaltung
- Mehr als 5 Jahre: „antike“ Bitcoin – potenziell verloren oder extrem langfristig gehalten
Beispiel: Coins, die seit 2010 nie bewegt wurden, gelten als besonders „dormant“ – und sind hochgradig verdächtig, für immer verloren zu sein.
Ursachen für Dormant Supply
Dormante Coins können viele Ursachen haben – nicht alle deuten auf einen Verlust hin.
- Langfristiges Hodln: Viele Besitzer sehen Bitcoin als digitalen Wertspeicher – ähnlich wie Gold.
- Institutionelle Reservehaltung: Unternehmen oder Stiftungen verwahren ihre Coins über Jahre unangetastet.
- Technische Verluste: Private Keys verloren, Wallets gelöscht, Hardware defekt.
- Rechtliche Blockaden: Insolvenzverfahren, Gerichtsprozesse oder regulatorische Unsicherheiten.
Denkanstoß: Was bedeutet es für dich als Investor, dass ein Viertel aller Bitcoin potenziell nie wieder auf dem Markt erscheinen wird?
Bedeutung für den Markt
Dormant Supply hat eine starke Auswirkung auf das verfügbare Angebot von Bitcoin:
- Eine hohe Dormant Supply reduziert das tatsächliche Marktangebot.
- Geringes Angebot bei gleichbleibender Nachfrage kann preistreibend wirken.
- Analysten sprechen in solchen Fällen von einem möglichen Supply Shock.
Metapher: Wenn alle Bäcker einer Stadt beschließen, ihr Brot zu lagern statt zu verkaufen, werden die verbleibenden Brote auf dem Markt plötzlich sehr viel teurer.
Dormant Supply vs. Verlorene Bitcoin
Nicht jede Dormant Supply ist gleichzusetzen mit verlorenen Bitcoin. Der Unterschied liegt im Wissen um den Zugang:
- Dormant = nicht bewegt (aber potenziell zugänglich)
- Verloren = keine Chance auf Zugang (z. B. Private Key weg)
Aber: Die Grenze ist fließend. Sehr alte Dormant Supply wird oft mit hoher Wahrscheinlichkeit als verloren eingestuft.
Historische Beispiele
- Satoshi Nakamoto: Seine rund 1,1 Mio. BTC wurden nie bewegt – und zählen zur ältesten bekannten Dormant Supply.
- Mt. Gox Insolvenz: Große Mengen BTC sind seit dem Zusammenbruch der Börse 2014 inaktiv – teils wegen rechtlicher Streitigkeiten.
- Frühe Miner (2009–2012): Viele von ihnen hielten ihre BTC – oder vergaßen sie. Niemand weiß es genau.
Beispiel: Manche dieser Wallets enthalten heute Milliardenwerte – und dennoch wurde nie auch nur 1 Satoshi bewegt.
Marktanalyse: Was zeigt Dormant Supply?
Dormant Supply wird von Analysten verwendet, um:
- Langfristiges Vertrauen der Investoren zu bewerten.
- Mögliche Liquiditätsengpässe zu prognostizieren.
- Das Verhältnis zwischen spekulativen Tradern und HODLern abzuschätzen.
Daten werden dabei durch Tools wie Glassnode, Chainalysis oder Coin Metrics visualisiert – u. a. über sogenannte HODL Waves.
Denkanstoß: Wie verändert sich dein Blick auf Bitcoin, wenn du erfährst, dass bis zu 25 % aller existierenden BTC seit Jahren stillstehen?
Risiken durch Dormant Supply
Dormante Bitcoin bergen auch gewisse Risiken:
- Verdeckte Angebotsflut: Wenn alte Wallets plötzlich aktiv werden, könnte das den Preis destabilisieren.
- Fehlinterpretation durch Märkte: Nicht jede Dormanz ist ein positives Signal – es kann auch Unsicherheit oder Verlust bedeuten.
- Sicherheitsfragen: Dormante Großbestände könnten theoretisch durch Hacks oder „Key Recovery“ aktiviert werden – insbesondere bei alten Adressen ohne Multisignatur-Sicherheit.
Dormant Supply und Zukunftsaussichten
Langfristig wird die Dormant Supply zu einem immer bedeutenderen Teil des Ökosystems:
- Sie reduziert die effektiv handelbare Menge an Bitcoin.
- Sie unterstreicht den Wert von zuverlässigem Zugang und Sicherung.
- Sie wird zu einem Teil der Narration über Bitcoin als Wertspeicher – vergleichbar mit Gold.
Wissenswertes
- Die Dormant Supply mit mehr als 5 Jahren Haltedauer umfasst ca. 25 % aller jemals geschürften Bitcoin.
- Coins, die seit Juli 2010 nie bewegt wurden, machen rund 1,45 Millionen BTC aus.
- Dormant Supply ist kein Beweis für Verlust, aber ein starkes Indiz.
- Viele Dormant Coins liegen in Wallets, die zu keinem Zeitpunkt einen „Lebenszeichen“-Ping (Transaktion, Signatur) gesendet haben.
- Einige dormant Wallets wurden durch minimale Dust Transactions reaktiviert – nur um zu testen, ob sie noch aktiv sind.
Wissen - kurz & kompakt
- Dormant Supply sind Bitcoin, die über längere Zeiträume nicht bewegt wurden.
- Nicht jeder „schlafende Coin“ ist verloren – aber viele werden es wohl sein.
- Dormant Supply reduziert das aktive Angebot – und wirkt damit auf den Marktpreis.
- Analysten nutzen Dormant-Daten, um Investorenverhalten und Markttrends zu verstehen.
Glossar
- Dormant Supply: Menge an Bitcoin, die über längere Zeiträume hinweg nicht bewegt wurden.
- UTXO: Unspent Transaction Output – technische Bezeichnung für nicht ausgegebene Coins.
- HODL: „Hold On for Dear Life“ – langfristige Haltestrategie.
- HODL Waves: Visualisierung der Dormant Supply nach Altersgruppen.
- Verlorene Bitcoin: Coins, bei denen der Zugriff (z. B. durch Verlust des Private Key) unmöglich ist.
- Supply Shock: Marktzustand mit plötzlicher Angebotsverknappung.
- Private Key: Geheimer Schlüssel zum Zugriff auf ein Wallet.
- Multisignatur: Sicherheitsmethode, bei der mehrere Schlüssel für eine Transaktion erforderlich sind.
Denkanstöße und weiterführende Fragen
- Ist Dormant Supply ein Zeichen für Reife – oder für Vergessen?
- Wie sicher ist es, dass „antike Wallets“ nie wieder aktiviert werden?
- Sollte es ein Protokoll-Mechanismus geben, um wirklich „verlorene“ Coins zu klassifizieren?
- Was bedeutet Dormant Supply für die langfristige Inflationsresistenz von Bitcoin?
- Kann Dormant Supply sogar ein Vorteil für Stabilität und Knappheit sein – oder gefährdet sie Markttransparenz?
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